Mit dem Schiff gen Westen
Helga Wähl wurde 1941 in Reichenthal, Kreis Mohrungen (Ostpreußen, heute Polen) geboren. Sie war das jüngste von vier Kindern der Familie, die gegen Ende des Zweiten Weltkrieges vor der heranrückenden Roten Armee fliehen musste. Zunächst ging es mit dem Güterzug nach Ljublino (deutsch Seerappen und Korniten), einem Ort in der russischen Oblast Kaliningrad im Stadtkreis Swetly. Von dort aus führte die Flucht weiter nach Gotenhafen, von wo es über die Ostsee nach Kiel gehen sollte.
Ursprünglich war die Überfahrt mit dem Kabinen-Fahrgastschiff Wilhelm Gustloff geplant.
Diese wurde aber bereits am 30. Januar 1945 vor der Küste Pommerns durch das sowjetische U-Boot S-13 versenkt. Dabei kamen nach Schätzungen mehr als 9.000 Menschen ums Leben. Bezogen auf ein einzelnes Schiff gilt der Untergang der Gustloff als eine der verlustreichsten Schiffskatastrophen der Menschheitsgeschichte.
Als Folge stand für die Flucht nur die Cap Arkona zur Verfügung, ein Luxusdampfer und das Flaggschiff der Hamburg-Südamerika-Linie. Er wurde nach dem Kap Arkona auf der Insel Rügen benannt. Die Überfahrt nach Kiel verlief ohne Zwischenfälle, was sich im Nachhinein als Glücksfall erwies, denn auch dieses Schiff wurde wenig später, am 3. Mai 1945, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, durch britische Flugzeuge versenkt, wobei die meisten der an Bord befindlichen, zirka 4600 KZ-Häftlinge, ums Leben kamen.
Der Weg führte Helga im Anschluss nach Koldenbüttel, einem Ort in Schleswig-Holstein. Die Mutter fand dort eine Arbeit in der Landwirtschaft. Der Vater kehrte 1946 aus der Gefangenschaft zurück. Die Großmutter mütterlicherseits hatte indes in Templin ein neues Zuhause gefunden. Großmutter sagte: „Hier gibt es Land umsonst“, erinnert sich Helga Wähl und das veranlasste den Vater von Koldenbüttel nach Mecklenburg-Vorpommern, in die Nähe von Templin, nach Kreuzkrug, umzusiedeln.
Helga wurde 1947 im nahe gelegenen Petznick, einem Ortsteil der Stadt Templin, eingeschult. 1955 nahm sie eine Lehre als Acker- und Pflanzenbäuerin auf. Während ihres späteren Studiums an der landwirtschaftlichen Fachschule in Fürstenwalde lernte sie ihren Mann Ottfried kennen, den sie 1963 heiratete. Ottfried Wähl ist Lichterfelder Urgestein und nahm die Frau mit in seinen Heimatort, wo sie zunächst als Gärtnerin im Ortsteil Buckow arbeitete. Ab 1965 trat sie eine Stelle in der Bäuerlichen Handelsgenossenschaft (BHG) in Lichterfelde an. Seit 2001 ist sie im Ruhestand.
„Ich habe mich in Lichterfelde stets wohlgefühlt“, sagt Helga Wähl.
Matthias Wagner